Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

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oe-floppy
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Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#1 Ungelesener Beitrag von oe-floppy » 05.06.2009 19:25

Hallo!

Ich habe ein Problem bei meiner eventuell/hoffentlichen Doktorarbeit. Und zwar habe ich ein Fertigungsverfahren entwickelt, wodurch das Anfallen von Sondermüll auf Null reduziert werden kann (Worum es dabei genau geht sei dahingestellt). Leider hat diese Lösung zu lange in meinem Kopf verweilt, sodass jemand anderes schon etwa vor 1 Jahr das gleiche Verfahren sich hat patentieren lassen.
Nun meine Frage: Kann ich trotzdem unter Verwendung der gleichen Technik eine Dissertation über dieses Thema anfertigen? Da es deutschlandweit nur 3 Unis gibt, bei denen ich in dem Bereich promovieren könnte, möchte ich dort nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, wenn ich um die Betreuung einer Diss ersuche.

Wäre echt toll, wenn davon jemand Ahnung hat.

MfG
oe-floppy
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EdmundBlackadder
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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#2 Ungelesener Beitrag von EdmundBlackadder » 06.06.2009 01:13

Ich habe keine Ahnung, möchte jedoch meine Meinung dazu äussern. Ich habe als Konstrukteur beruflich viel mit Patenten zu tun. Letztens eine tolle Sache im Kundenauftrag konstruiert, recht einfach, eigentlich primitiv, aber bereits patentiert. Teile waren bereits in Serie produziert und verkauft. Patentinhaber macht trouble, Lizenzgebühren, etc. Heute ist fast jeder Dreck patentiert. Da gab es mal eine Statistik: x% der Erfindungen werden nur für die Schublade gemacht. Dann wird darauf gewartet, bis ein Dummer, äh eine Firma ein darauf basierendes Produkt in Serie verkauft. Patente haben ist ein Geschäftsmodell. Die richtigen Patente zu haben ist ein viel geringeres (finanzielles) Risiko, als ein darauf basierendes Produkt verkaufen (zu müssen). Ich vermute, in jedem halbwegs komplexen Produkt ist ein Patent, von dem der Hersteller nix weiss, bis der Patentinhaber es merkt (oder auch nicht).
Eine Dissertation soll belegen, dass der Kandidat wissenschaftlich selbstständig zu arbeiten versteht. Sie muss daher im Regelfall neue Erkenntnisse aus dem gewählten Fachgebiet enthalten.
Im Regelfall wendet sich der an der Promotion Interessierte an einen Hochschullehrer, der das interessierende Forschungsgebiet vertritt, und bespricht mit ihm eine geeignete wissenschaftliche Fragestellung als Thema der Dissertation.
Meine subjektiven Gedanken zu Deine Frage sind als Anregung zu verstehen.
1. Nein, siehe Absatz 1. Kein neue Erkenntnis, da bereits patentiert.
2. Nein, da Du Fachwissen veröffentlichst, das Einblick in Hintergründe des Patentes erteilt. Dieser Veröffentlichung steht das Interesse des Patentinhabers entgegen.
3. Nein, da ich vermute, dass über bestehende Patente keine Arbeit geschrieben werden darf. Hier fehlt mir jedoch der Nachweis.
4. An jeder Hochschule gibt es Patentbetreuer für z.B. Diplomanden, wenn z.B. eine Diplomarbeit gleichzeitig eine Patentschrift darstellen soll. Setze Dich mit dem auseinander. Der dürfte die Fragen schnell geklärt haben.
5. Du kannst so tun, als wüsstest Du nichts vom Patent. Jedoch ist es für Diplomanden eigentlich bereits Pflicht, erteilte Patente, auf die Ihre Diplomarbeit fällt, zu kennen.
6. Suche einen Anwendungsbereich, der von dem Patent nicht abgedeckt ist und wende Deine Überlegungen und Erkenntnisse dort an.
7. Selbst wenn Du die Arbeit so schreibst, wie geplant, kann sie noch vom Promotionsausschuss/den Gutachtern abgelehnt werden. Dann wären 2-4 Jahre Arbeit weg. Alleine deshalb würde ich kein Risiko eingehen.
Ich kenne einen Doktor der Forstwissenschaften. Danach bzw. parallel dazu war/ist er bis heute Webdesigner.
Ich persönlich würde lieber einen weiteren Diplomgrad anstreben, es sei denn, zum Erreichen meines Berufszieles wäre der akad. Grad "Dr." zwingend nötig. Und das, behaupte ich, ist immer weniger der Fall. Oder willste Politiker werden!? :lol:
Ich empfehle Dir weiters http://doktorandenforum.de/
Verschenke 2 Stück Lenovo T400 (Screen defekt) 4GB Laptops mit Dockingstation und 17" Monitor.
Ritschie hat geschrieben:Ich will ja nicht nur für Credits rechnen, sondern 'nen sinnvollen Beitrag leisten.

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nico
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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#3 Ungelesener Beitrag von nico » 06.06.2009 14:14

Blöd, aber ich würde bei sowas nicht versuchen die Profs. uniformiert zu lassen... scheint ja doch ein raltiv spezielles Gebiet zu sein, wenns da nur 3 Unis gibt... zumal dir das ja spätestens in der Literaturrecherche auffallen sollte... kann man das nicht noch weiter optimieren?
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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#4 Ungelesener Beitrag von oe-floppy » 06.06.2009 19:22

"Optimieren" ist schlecht, da das Grundverfahren das Gleiche bleibt. Und wie ich heute Vormittag auf Grund eines Tipps leider feststellen musste, wurde ein ähnliches Thema im Zeitraum 2002-2005 schon mal von einer großen deutschen Forschungsanstalt bearbeitet - mit negativem Ergebnis. D.h. ich könnte zwar auf Basis dieser Informationen die Ausgangsparameter und Verfahrensanordnung meiner Idee insoweit ändern, dass die Erfolgsaussichten auf ein positives Ergebnis steigen, jedoch bleiben dann neue wissenschaftliche Erkenntnisse nahezu aus. Sehr fatal. Daher habe ich heute einen Termin mit einem Bekannten an meiner alten Hochschule vereinbart, der mir diesbezüglich vielleicht weiterhelfen kann. Mal schauen was draus wird.

@Edmund:
Jupp, Patente sind ein Geschäftsmodell. Beim Schreiben meiner Masterarbeit ist mir das besonders aufgefallen. Ein Mitarbeiter in der Firma, wo ich die Arbeit schrieb meinte zu mir, dass man ein bestimmtes Verfahren schon in den 1960er Jahren bei einer großen deutschen Firma angewendet hat - dies könne ich getrost auch so machen. Eine Patentrecherche ergab, dass es von selbiger Firma erst 2001 (!) zum Patent eingereicht wurde. 2005 wurde es erteilt. Da greife ich mir echt an den Kopf... :shake:

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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#5 Ungelesener Beitrag von Dennis Kautz » 06.06.2009 19:37

oe-floppy hat geschrieben:Ein Mitarbeiter in der Firma, wo ich die Arbeit schrieb meinte zu mir, dass man ein bestimmtes Verfahren schon in den 1960er Jahren bei einer großen deutschen Firma angewendet hat - dies könne ich getrost auch so machen. Eine Patentrecherche ergab, dass es von selbiger Firma erst 2001 (!) zum Patent eingereicht wurde. 2005 wurde es erteilt. Da greife ich mir echt an den Kopf... :shake:
Dann lässt sich das entsprechende Patent anfechten.

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frank
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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#6 Ungelesener Beitrag von frank » 06.06.2009 20:13

Lässt sich anfechten oder hätte sich anfechten lassen?

Dennis Kautz
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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#7 Ungelesener Beitrag von Dennis Kautz » 06.06.2009 22:32

frank hat geschrieben:Lässt sich anfechten oder hätte sich anfechten lassen?
Ein Einspruch war während der ersten drei Monate möglich. Jetzt geht das im konkreten Fall daher nur noch gerichtlich. Während der gesamten Laufzeit des Patents kann Patentnichtigkeitsklage erhoben werden. Die Voraussetzungen sind in § 81 ff. Patentgesetz geregelt.

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Re: Doktorarbeit und Patente - wer hat Ahnung?

#8 Ungelesener Beitrag von oe-floppy » 07.06.2009 08:30

Also mich hat es nicht (mehr) gestört, da ich für mein Problem eine andere Lösung gefunden hatte. Und wer weiß, vielleicht stellen andere Firmen sogar unter der Nutzung des gleichen Verfahrens ihre Sachen her. So lange nichts an die Öffentlichkeit dringt, sind Patente auf Fertigungsverfahren nur wertloses Papier. Und wer will schon nachweisen können, welches Fertigungsverfahren angewendet wurde, wenn am Endprodukt keine Spuren davon zurückbleiben? Ist zwar nicht die feine englische Art, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das praktiziert wird.
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