https://www.tagesschau.de/wissen/techno ... r-100.html (Zitat Quelle)

Link (Suchanfrage in) Mediathek:(...) Wie aber funktioniert diese Technologie? Und welche Gefahren gehen damit einher? Die Webseite des Start-ups Eternos, das den Service mitunter anbietet, liest sich wie der Klappentext einer Science-Fiction-Serie aus den frühen 2000ern. Ein "digitaler Zwilling" soll unsere Stimme, unser Wissen, unser Vermächtnis "mit der Welt teilen" und "jederzeit spürbar" machen - auch, wenn es uns schon längst nicht mehr gibt.
Dieser Zwilling, eine generative KI, will angelernt und mit Informationen gefüttert werden. Dafür werden allerhand Daten gesammelt, die Betroffene selbst und gezielt teilen können. Sprachmemos, Chatverläufe, Informationen zum Privatleben, zum beruflichen Werdegang, zu Vorlieben oder Abneigungen. Auch frei zugängliche Daten aus dem Netz können eingespeist werden. Das Versprechen der App: Trauernde sollen, solange sie wollen, mit einem Abbild der verstorbenen Person kommunizieren können. (...)
Ungeklärte Fragen und Gefahren
Das wiederum werfe jedoch weitere Fragen auf, sagt Karsten Weber, Co-Leiter des Instituts für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST) an der OTH Regensburg. "Wer spricht da eigentlich? Ist das womöglich nicht sehr viel mehr als eine erweiterte, mit einer etwas eleganteren Sprachführung ausgestattete Suchmaschine?" Weber bezweifelt, ob ein derartiges System im Trauerprozess wirklich Sinn ergibt. "Ich kann mir vorstellen, dass ein von Herzen geschriebener Brief hier wesentlich hilfreicher wäre", sagt er.
Auch aus psychologischer Sicht bestehen Gefahren, sagt Katrin Döveling. Etwa, dass Betroffene in der Trauerphase verharren: "Sich immer wieder an den Verstorbenen zu wenden, fördert nicht unbedingt, dass man raus in die Welt geht und sein Leben lebt." Ebenso zu hinterfragen sei der Inhalt der Antworten des Avatars. Ist das, was Trauernde von der KI hören, wirklich im Sinne der Verstorbenen und der Hinterbliebenen? (...)
Avatare als digitale Wunschbilder
Egal, wie vermeintlich authentisch eine KI daherkommen mag: Ein derartiger Avatar bleibe ein manipuliertes, fremdbestimmtes Abbild, sagt auch Jessica Heesen, Medienethikerin an der Universität Tübingen.
Bei digitalen Abbildern handle es sich um Wunschbilder, ja um Projektionen. Einerseits der verstorbenen Person, die dem Algorithmus nur gezielte Informationen geliefert hat, aber auch der Hinterbliebenen, die gezielt eine Illusion der verlorenen Person aufrechterhalten wollen. Das beeinflusse den Trauerprozess, sagt Heesen. Es sei wichtig, die Trauernden zu schützen, etwa dadurch, dass sie selbst darüber entscheiden können, wie sie ihren Trauerprozess gestalten. Auch das Thema Kinder- und Jugendschutz müsse geklärt werden.
Fragwürdig seien auch kostenfreie Angebote, die werbefinanziert sind. Avatare oder Bots können Falschaussagen machen, die Hinterbliebene sowie Verstorbene schädigen könnten, sagt Heesen. "Ich stelle mir auch die Frage: Wann wird ein Chatbot oder Avatar abgestellt? Ist das eine Art zweiter Tod? Wer entscheidet darüber?" Was zur nächsten Frage überleitet: Was passiert mit den gesammelten Daten? Werden die benutzt, um weitere KI-Modelle anzutrainieren? All das sei nicht geklärt. (...)
Zurück zu Michael Bommer, der dem Krebs mittlerweile erlegen ist. Bereits im Vorfeld gab seine Frau an, die Technologie nur zu nutzen, solange es ihr gut damit gehe. Ihren Mann ersetzen und am Leben halten, das könne die KI nicht. Dennoch, sagt sie, sei es beruhigend, auf die Technik zurückgreifen zu können - etwa, um verblassende Erinnerungen aufzufrischen, oder wenn die Sehnsucht nach ihrem Mann besonders groß wird.
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